Mitarbeit eigener Entwickler am ERP-Projekt - Teil 1

Torben Nehmer, Marco Niecke

Wichtige Voraussetzungen und was Sie in House umsetzen können.

Vor der Einführung eines neuen ERP-Systems haben viele Firmen bereits eigene Entwickler im Haus. Oft haben diese schon Erfahrung mit früheren Versionen von Dynamics AX oder anderen ERP-Systemen gesammelt und möchten produktiv am eigenen ERP-Projekt mitarbeiten.

Von Partnerseite ist eine Zusammenarbeit und Abstimmung auf Ebene der Entwickler stets gewünscht. Je nach Kenntnisstand und Qualifikation der Entwickler bzw. der Größe der Entwicklungsabteilung ist dies jedoch nicht immer möglich.

In diesem Blogbeitrag zeigen wir Ihnen

  • wichtige Kenntnisse und Voraussetzungen, die Ihre Entwickler speziell für Microsoft Dynamics AX und für Microsoft Dynamics 365 mitbringen sollten.
  • An welchen Stellen Ihre Entwickler unterstützen können und was Sie in House selbst umsetzen können.
  • die Pros und Contras: Was spricht für das Involvieren eigener Entwickler in das ERP-Projekt, was dagegen?

 

Voraussetzungen für die Mitarbeit am eigenen ERP-Projekt

Für eine produktive Mitarbeit am eigenen ERP-Projekt sind spezielle Programmier- und Fachkenntnisse notwendig. Je mehr Ihre Entwickler auf diesem Gebiet mitbringen, desto mehr können Sie selbst umsetzen.

 

1. Programmierkenntnisse

  • Grundvoraussetzung: Erfahrung und Wissen mit Programmierumgebungen, die auf „.NET“ basieren.
  • Optimal: Kenntnisse in der für AX und 365 verwendeten Programmiersprache X++.
  • Für Quereinsteiger: Ihre Entwickler sollten entweder C++, oder Java beherrschen. Hierauf lässt sich weiter aufbauen.

 

2. Fachkenntnisse

  • BWL-Kenntnisse, also betriebswirtschaftliche Erfahrung.
  • Microsoft SQL-Kenntnisse inkl. SQL Reporting und Analysis Services (Business-Intelligence, Date-Warehouse).
  • Erfahrung im Projektmanagement und wichtiger noch im Anforderungsmanagement: Ihre Entwickler müssen routiniert darin sein, Anforderungen vollständig und exakt zu erfassen und diese korrekt und eindeutig weiterzugeben. Dies ist auch eine Grundvoraussetzung für die optimale Zusammenarbeit mit dem Partner. Nur wenn Ihre Entwickler dieses Handwerk beherrschen, könnten Sie beispielsweise auch komplexere Entwicklungs-Aufgaben eigenständig übernehmen.

 

Was Ihre Entwickler Inhouse umsetzen können

Auch diese Frage hängt natürlich mit dem Erfahrungshintergrund und den Kenntnissen Ihrer Entwickler zusammen. Dennoch lassen sich in AX / 365 bereits mit geringen Programmier- bzw. Fachkenntnissen wichtige Dinge selbst Inhouse lösen.


1. Bei geringen, ERP-relevanten Programmier- und Fachkenntnissen können Sie u.a.:

  • Kleinere Anpassungen an der Nutzeroberfläche umsetzen, z.B. Felder ein- und ausblenden, verschieben.
  • Das Rechtemanagement selbständig regeln, z.B. Benutzergruppen und Rechte definieren und Benutzerrollen anlegen, die für unterschiedliche Bereiche Zugriffsberechtigungen haben.
  • Grafische Anpassungen im Layout aller Printdokumente (externer und interner) durchführen, z.B. von Rechnungen, Angeboten, Auftragsbestätigungen, Lagerlisten u.v.m. Vor allem der Punkt Layout und CI ist in Projekten in hohem Maße abstimmungsintensiv und zeitaufwändig. Für jedes Dokument erfolgt eine grafische Anpassung im SQL Reporting Service (SSRS). Um neue Felder ins Dokument aufzunehmen, sind darüber hinaus kleinere Programmieranpassungen erforderlich.


Dauer:
Auch Entwickler, die auf diesem Gebiet noch keine Erfahrung haben, sollten in der Lage sein, sich innerhalb 1 bis 2 Wochen in eines dieser Themen einzuarbeiten. Danach steht einer produktiven Mitarbeit des eigenen Entwicklers nichts mehr im Wege.

 

2. Mit fortgeschrittenen ERP-relevanten Programmier- und Fachkenntnissen können Sie u.a.:

  • Einfache Anpassungen innerhalb der Programmlogik vornehmen – z.B. das Einbinden, Verschieben und Verknüpfen eigener, kundenspezifischer Felder (sprich von Feldern, die im Standard von AX / 365 nicht enthalten sind).
  • Eigene Import-/Export-Schnittstellen programmieren bzw. konfigurieren.
  • Zusätzliche Informationen für Berichte aufbereiten.
  • Betriebswirtschaftliche Statistiken für Lager, Vertrieb, Marketing etc. erstellen. In manchen Unternehmen ist das Erstellen von Statistiken und Berichten ein eigener Full-Time-Job.


Wichtig: Bei all diesen Tätigkeiten ist ein tieferes Verständnis für das Datenmodell von Microsoft Dynamics AX / 365 und die interne Logik des Systems zwingende Voraussetzung.

Dauer:
Entwickler mit ERP-Background – aber keinen speziellen Kenntnissen in AX / 365 – sollten in der Lage sein, sich innerhalb eines halben Jahres in eines dieser Themen einzuarbeiten. Entwickler müssen sich hier in das Konzept und Framework eines hoch komplexen und äußerst vielschichtigen Systems auseinandersetzen. Anschließend lassen sich auch größere Anpassungen Inhouse bewältigen.

Entwickler mit AX / 365 Background und allen relevanten Fachkenntnissen können meist sofort produktiv mitarbeiten. Basieren die Kenntnisse Ihres Entwicklers noch auf einer früheren Version von Dynamics AX / 365, sollten 1 bis 2 Wochen genügen, um wieder auf dem aktuellen Stand zu sein.
 

Sollten Sie eigene Entwickler ins ERP-Projekt einbinden?

Vorteile

  • Eigene Mitarbeiter sind immer verfügbar und machen Sie flexibler. Entstehen beispielsweise nach Abschluss Ihres ERP-Projektes weitere Anforderungen, hat Ihr Partner seine Entwickler möglicherweise gerade in einem neuen Projekt – und benötigt Vorlaufzeit.
  • Abstimmungsintensive Aufgaben wie Beleglayout, oder die Vergabe von Rechten sind unserer Erfahrung nach Inhouse deutlich schneller und effizienter umzusetzen. Für den eigenen Entwickler sind die Wege zu allen Ansprechpartnern kürzer und gewünschte Veränderungen können direkt im ERP-Testsystem durchgespielt werden.
  • Mit der Einbindung eines Entwicklers am eigenen ERP-Projekt bauen Sie wertvolles Wissen auf, das in Ihrem Unternehmen bleibt. Vor allem wenn nach mehreren Jahren ein System-Upgrade anfällt, ist dieses Wissen unabdingbar.
  • Ein am eigenen ERP-Projekt beteiligter Entwickler erfüllt meist zentrale, für das gesamte Projekt wichtige Funktionen.
  • Er ist Fachansprechpartner für Ihren Dynamics-Partner und kann sich mit diesem in technischen Fragen auf Augenhöhe unterhalten.
  • Im Unternehmen ist er der technische Ansprechpartner für Mitarbeiter und kann evtl. auftretende Probleme vorab evaluieren und oft auch gleich lösen.


Nachteile

  • Wie gezeigt, sind für die produktive Mitarbeit am eigenen ERP-Projekt viele spezifische Kenntnisse nötig. Entwickler, die all dies beherrschen, sind oftmals nicht im Unternehmen – und am Stellenmarkt sicher schwer zu bekommen.
  • Um Ihre Entwickler weiterzubilden, ist mitunter eine lange und intensive Einarbeitungszeit notwendig.
  • Vor allem bei Eingriffen in die Logik des Systems können Ihre Entwickler auch Schaden anrichten. Ein klassisches Beispiel sind Anpassungen, die in die Buchungslogik und in Buchungsprozesse eingreifen. Hier wird neben technischer und betriebswirtschaftlicher Fachkenntnis auch ein hohes Maß an Erfahrung benötigt.

 

Fazit:

Aus unserer Sicht überwiegen die Vorteile. Wenn immer es personell möglich ist, sollten Unternehmen wenigsten einen eigenen Entwickler als Vollzeitkraft mit ins ERP-Projekt nehmen und zusammen mit dem Partner klare Verantwortungsbereiche für die Beteiligten festlegen. Dabei sind tiefgreifende Programmier- und Fachkenntnisse erst einmal zweitrangig. Für viele wichtige Aufgaben sind in Dynamics AX / 365 nur geringe Programmier- und ERP-relevante Kenntnisse notwendig. Dies betrifft insbesondere: 

  • Die Definition von Rollen und Rechten (Rechtemanagement)
  • Dem Layouten von Vorlagen und Reports
  • Dem Erstellen von Auswertungen z.B. mit Power BI

Und bei Bedarf nutzen Sie einfach die Schulungsangebote des Implementierungspartners. Diese sind maßgeschneidert und exakt auf Sie ausgerichtet. Auch erfahrene Entwickler ohne ERP/ Dynamics AX-Erfahrung können so die Einführung des eigenen Systems unterstützen und wichtige Aufgaben übernehmen.

Wie nach erfolgtem Start die weitere produktive Zusammenarbeit und Aufgabenteilung zwischen den eigenen Entwicklern und den Enticklern des Implementierungspartners aussieht, haben wir Ihnen im Folgenden Blogbeitrag beschrieben: Mitarbeit am eigenen ERP-Projekt - 4 Tipps für eine optimale Zusammenarbeit zwischen Ihren Entwicklern und den Entwicklern Ihres Partners.

 

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