Automatisierung in der Finanzbuchhaltung

Bernhard Räther, Marco Niecke

Die Bank-Automation Suite ist ein selbstlernendes Add-On zu den ERP-Systemen von Microsoft Dynamics (AX und 365 for Finance and Operations). Es automatisiert die Buchungsvorgänge und spart den Mitarbeitern der Finanzbuchhaltung Zeit, Aufwand und Geld.

Zu den Themen Automatisierung in der Finanzbuchhaltung und der Bank Automation Suite haben wir mit Bernhard Räther gesprochen, zertifizierter Finanzexperte für Microsoft Dynamics 365 for Finance and Operations (Exam MB6-895).

 

1. Warum ist die Automatisierung in der Buchhaltung so wichtig?

Für eine Automatisierung in der Buchhaltung sprechen zwei wesentliche Gründe: Zeitersparnis und Fehlervermeidung.

Fehlervermeidung
Automatisierung sorgt für reproduzierbare Ergebnisse, da die selben Vorgänge und Aufgaben immer auf die gleiche Art und Weise erledigt – in diesem Falle gebucht – werden. Aufgrund des Radierungsverbotes ist Fehlervermeidung vor allem in der Buchhaltung sehr wichtig, denn fehlerhafte Buchungen können nicht einfach gelöscht werden, sondern müssen immer über Gegenbuchung und erneuter Buchung korrigiert werden.

Zeitersparnis:
Steigende Stundenlöhne machen es notwendig, dass immer weniger Mitarbeiter immer mehr Buchungen übernehmen. Auch in der Buchhaltung sind schlanke und kosteneffiziente Prozesse gefragt. Dies gilt vor allem für Unternehmen, die mit vielen Banktransaktionen, die nur wenig Marge bieten ihren Umsatz machen. 

 

2. Warum ist es wichtig, dass man am Ende des Tages alle Buchungen erledigt hat?

Am Ende eines Tages alle Belege verarbeitet zu haben bedeutet gleichzeitig, die eigene Liquidität zu kennen. Dies ist nicht nur relevant, wenn beispielsweise Investitionen anstehen – und dafür ein guter Zeitpunkt gesucht wird – sondern auch für das tägliche Bezahlen eigener Rechnungen.

 

Nur wer auf dem aktuellen Stand ist und die eigene Liquidität vor Augen hat, kann beim Zahlen offener Rechnungen Skontofristen nutzen und die Gefahr von Verzugszinsen vermeiden. In Zeiten sinkender Margen und keinerlei Guthabens-Zinsen wird das Skonto immer attraktiver.

Apropos Margen: Untersuchungen haben gezeigt, dass die eigene Gewinn-Marge aufgrund wachsendem und zunehmend wettbewerbsorientierterem Markt in den vergangenen 10 Jahren immer weiter geschrumpft sind. Deshalb wird es für das tägliche Wirtschaften zunehmend wichtiger, Umsatz, Gewinn, Ausgaben und Lagerbewegungen in Eurowerten im Auge zu behalten. Auch hierfür sollte man am Ende eines jeden Tages auf dem neusten Stand sein und alle Einnahmen und Ausgaben im System verarbeitet sein.

 

3. Wie gelangen die Bankdaten ins ERP-System?

Jede Bank erzeugt am Ende des Tages automatisch einen Tagesauszug mit allen Kontobewegungen der letzten 24 Stunden. Die gängigsten Formate, in denen der Tagesauszug bereit gestellt und dem Kunden übermittelt wird sind MT940 und CAMT.053. Die Daten des Tagesauszuges werden ins ERP-System importiert. Bei Microsoft Dynamics 365 for Finance and Operations gibt es hierfür eine Schnittstelle – oder Sie nutzen das Add-On Bank Automation Suite.

 

4. Worin liegt hier der Unterschied?

Nach dem Import der Tagesauszüge via Schnittstelle stehen zwar alle Kontobewegungen korrekt im ERP-System, diese müssen aber noch den offenen Posten zugewiesen und ausgeziffert werden. Je nach Anzahl der Geldeingänge kann diese manuelle Tätigkeit sehr viel Zeit beanspruchen. Beim Import der Bankdaten mit der Bank Automation Suite wird dieser Vorgang gleich automatisch miterledigt.

 

5. Wie funktioniert die Automatisierung mit der Bank Automation Suite?

Über Erkennungsregeln, die wir bei jeder Installation einrichten. Im Rahmen des Datenimports werden bei der Bank Automation Suite die Felder Verwendungszweck – hier verbergen sich meist Kunden- und Rechnungsnummer – und der Betrag geprüft. Diese Daten werden mit den entsprechenden offenen Rechnungen im System abgeglichen und ausgeziffert.

 

Bei einer eindeutigen Übereinstimmung erfolgt eine inhaltliche Verknüpfung zwischen der Bankauszugsposition (dem Abschnitt im Bankauszug) und der offenen Rechnung im ERP. Dies erfolgt automatisch im Hintergrund. Wird dann das gesamte Buchungsjournal aktualisiert, werden alle von der Bank Automation Suite zugeordneten und ausgezifferten Rechnungen im ERP-System als bezahlt markiert.

 

6. Was ist mit Stichproben?

Das letzte Wort hat immer der Buchhalter. Er kann, bevor er das Buchungsjournal aktualisiert, über das Interface der Bank Automation Suite beliebig viele Stichproben machen. Hier hat er Einblick auf die Liste aller erkannten – und nicht erkannten – Posten. Aber nur die nicht erkannten gilt es nachzuarbeiten.

 

7. Funktioniert die Automatisierung auch bei Geldabgängen?

Ja. Eigene wiederkehrende Buchungen, Geldabgänge oder Lastschriften wie z.B. Miete, Strom, regelmäßige Lieferantenrechnungen, Mitarbeitergehälter etc. werden von der Bank Automation Suite ebenfalls erkannt und auf die dafür vorgesehenen Sachkonten gebucht. Auch diese Posten sind Teil der Automatisierung und werden im ERP-System korrekt verarbeitet.

 

8. Weist die Bank Automation Suite alle Posten richtig zu?

Unmittelbar nach der Implementierung der Bank Automation Suite liegen wir im Schnitt bei 70% Erkennungsrate. Dann wird optimiert. Denn je besser man die Erkennungsregeln pflegt, desto höher wird die Quote der korrekt zugewiesenen Posten. Im Schnitt kommen wir hier bei unseren Kunden auf Raten von bis zu 96%. Das heißt von 1.000 Posten auf dem Kontoauszug ordnet die Bank Automation Suite 960 korrekt zu. Was bleibt sind 40 Posten, bei denen eine eindeutige Zuweisung nicht möglich war und ein manueller Schritt notwendig wird. Da ist die Zeitersparnis aber schon enorm.

 

9. Was passiert bei einem Zahlungsavis?

Möchte ein Unternehmen mehrere offene Rechnungen durch eine Avis bezahlen, so gibt es drei Möglichkeiten: Ausziffern über den Verwendungszweck, Ausziffern per OCR und Ausziffern per REMADV.

 

10. Wie funktioniert Ausziffern über den Verwendungszweck?

Im MT940 Format beträgt das Zeichenlimit des Bankauszuges ca. 500 Zeichen. Solange alle Rechnungsnummern vollständig in den Verwendungszweck passen, erfolgt die Zuordnung wie bereits beschrieben. Interessant in diesem Zusammenhang ist sicher: Der Ausgleich funktioniert auch dann, wenn die in der Avis gebündelten Zahlungen von unterschiedlichen Debitoren stammen, also zum Beispiel bei einer Zentrale die für viele Filialen zahlt.

 

11. Wie funktioniert Ausziffern per OCR?

Wenn der Verwendungszweck nicht mehr ausreicht, wird das Dokument relevant, dass die Zahlung ankündigt. In der Praxis verschicken Debitoren Ihre Zahlungs-Avis ein bis zwei Tage vor der Transaktion als PDF. Hier sind alle Posten aufgelistet – und auch die Skonto-Beträge sind ersichtlich.
Dieses Dokument wird in die Bank Automation Suite importiert und per OCR ausgelesen. Die Zuordnung erfolgt wieder wie vorhin beschrieben.

 

12. Wie funktioniert Ausziffern per REMADV?

Einfacher wie ein PDF per OCR einzulesen ist der elektronische Austausch der Zahlungsdaten mit REMADV. Dann werden diese Daten als Avis importiert. Der Vorteil: Unterscheidungsprobleme beispielsweise zwischen Null (0) und O bzw. einen großen I (i) und einem kleinen l (L) kommen hier nicht vor.

 

13. Was passiert, wenn aufgrund von Rundungen die Summen nicht stimmen?

Da bei Avis immer auch Rundungen im Spiel sein können, empfehlen wir in der Bank Automation Suite den Parameter Cent-Abweichung zum Beispiel auf 1 Cent pro Belegzeile zu setzen.

 

14. Unterstützt die Bank Automation Suite auch Fremdwährungen?

Wenn ein Kunde aus dem Ausland den offenen Betrag in einer Fremdwährung bezahlt, wird dieser von der Bank automatisch in die Währung umgerechnet, in der das Konto geführt wird. Verlangt die Bank für die Währungsumrechnung keine Gebühr, kann der Betrag wie bei jeder anderen Überweisung auch anhand Summe und Verwendungszweck eindeutig zugewiesen und ausgeziffert werden.

 

15. Und wenn die Bank Gebühren erhebt?

Verlangt die eigene Bank für solche Transaktionen eine Gebühr, wird diese Information bei der entsprechenden Rechnung im ERP hinterlegt. Auf das korrekte Zuweisen und Ausziffern hat die Währung allerdings keinen Einfluss, denn Microsoft Dynamics 365 for Finance and Operations selbst unterstützt beliebig viele Währungen.

 

16. Welche Formate erkennt die Bank Automation Suite?

Neben den bereits angesprochenen Bankauszugsformaten MT940 und CAMT.053 unterstützt die Bank Automation Suite noch BAI2. Auch Auszugsdateien von Bezahldienstleistern – zum Beispiel Paypal – welche die Transaktionen des Tages aufzeigen, können importiert werden.

 

17. Wie lange dauert die Einführung?

Das Add-On ist in der Regel nach der Installation in 2 Tagen bei Kunden implementiert und geschult. Auch die ersten Erkennungsregeln sind dann eingerichtet. Das Add-On ist für Nutzer äußerst intuitiv, da es nur wenige Knöpfe gibt – für die Stichproben-Kontrolle, die Liste der meist sehr wenigen, nicht zugeordneten Rechnungen und dem automatischen Verbuchen im Buchungsjournal.

 

18. Ab wann lohnt sich die Bank Automation Suite?

Entscheidend für den Einsatz der Bank Automation Suite ist nicht die Höhe der Geldeingänge pro Monat, sondern schlicht die Anzahl der Rechnungen pro Woche.

Dann lässt sich das ganz einfach ausrechnen. Legen wir der Berechnung einen Brutto-Stundensatz von 20 Euro pro Stunde für den Mitarbeiter der Finanzbuchhaltung zugrunde – und sagen wir, die Buchhaltungskraft schafft es pro Stunde ca. 50 offene Posten auszugleichen:

  • Dann kommen wir auf ein Kosten-Verhältnis von 20 Euro pro 50 korrekt verbuchten Rechnungen.
  • Bei 800 Rechnungen pro Woche, sprich 41.600 Rechnungen im Jahr, ist dies ein zeitlicher Aufwand von 16 Arbeitsstunden pro Woche und 832 Arbeitsstunden im Jahr.
  • Bei oben angesprochenen Stundenlohn wären das Personalkosten von 320 Euro pro Woche oder 16.640 Euro im Jahr, die nur für diese Buchungstätigkeiten aufgewandt wird.

 

Dabei entspricht der Betrag dieses Beispiels in etwa der Summe der Bank Automation Suite – von Lizenz und Wartung, bis zur Implementierung und Schulung. Somit wäre bei diesem Rechenbeispiel ein positiver ROI nach etwa einem Jahr gegeben.

 

19. Wo kann man sich weiter informieren?

Wer das Rechenbeispiel noch einmal für sich und sein Unternehmen durchgehen möchte, der kann sich hier den ROI-Rechner zur Bank Automation Suite herunterladen. Es ist dies eine kleine programmierte Excel-Datei. Neben dem Stundenlohn sowie der Anzahl der durchschnittlichen Rechnungen pro Woche müssen hier keine Felder ausgefüllt werden.

 

Darüber hinaus gibt es dieses Add-On auch in der Microsoft AppSource, einer Plattform, auf der Microsoft die weltweit besten Lösungen für Geschäftsanforderungen rund um Dynamics 365 zusammengetragen hat.

Für Einsteiger empfehle ich unsere kostenlosen Webinare zur Bank Automation Suite. Hier bekommen Interessierte in ca. 60 Minuten einen guten Einblick in die Software und können den Auszifferungs-Prozess live verfolgen.

 

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